Der Zweite Weltkrieg war in vielerlei Hinsicht ein historischer Einschnitt, ein Aspekt jedoch blieb lange unerkannt: seine Auswirkungen auf die Entwicklung der Geheimdienste. Der deutsche Autor (und Kriegsteilnehmer) Wilhelm Ritter von Schramm war 1974 einer der Ersten, die die Geschichte des Nachrichtendienstwesens zwischen 1939 und 1945 neu bewerteten. Sein Geheimdienste im Zweiten Weltkrieg markierte die Abkehr vom traditionellen Bild der Spionage mit Agenten vor Ort, toten Briefkästen und Geheimtinte. Jetzt ist das Buch in Neuauflage erschienen.
Von Schramm betont den nachrichtendienstlichen Wandel während der Kriegszeit. Der technische Fortschritt machte die Funkaufklärung zur bedeutendsten Informationsquelle, menschliche Wissenszuträger wurden zur Ausnahme. Das Buch vermittelt anschaulich die Abhörtätigkeit sowie die Schwierigkeit, die dadurch gewonnenen Informationen richtig zu nutzen. Nachrichtenauswertung nimmt bei von Schramm eine ebenso wichtige Rolle ein wie die Nachrichtengewinnung. Anhand der alliierten Invasion in der Normandie und der deutschen Ardennenoffensive zeigt der ehemalige Generalstabsoffizier zudem, wie die Geheimdienste strategische Täuschung betrieben und so neue Aufgabenfelder jenseits der klassischen Spionage kreierten.
All dies waren 1974 -- zumindest in gebündelter Form -- neue Erkenntnisse. Über ein Vierteljahrhundert später wirkt die vom Verfasser heftig betonte Besonderheit seiner Einsichten zwar angestaubt, grundlos ist dieser Band jedoch nicht in einer sechsten, erweiterten Auflage publiziert worden. Die Arbeit bietet nämlich den angestrebten "Gesamtüberblick über die wichtigsten geheimdienstlichen Leistungen in Europa". Störend wirkt lediglich von Schramms ausschweifende, gelegentlich belletristische Sprache. Und es offenbaren sich Schwächen seiner Methodik -- nämlich Schlüsse vornehmlich aus umfassenden Fallbeispielen herauszuschälen.
Das Gesamtbild beweist, dass nicht einzelne, heroische Spione das Kriegsgeschehen entscheidend beeinflussten, sondern ein anonymes Netzwerk aus Technikern und Analytikern. Und damit führt von Schramm seinen Lesern die Wurzeln der heutigen Hightech-Spionage vor Augen. --Joachim Hohwieler . KLICKEN SIE HIER, UM DIESES BUCH ZUM KOSTENLOSEN DOWNLOAD